© M. Schäf
Der Wildlebensraumberater am Fachzentrum Agrarökologie am Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt ist Ansprechpartner für Landwirte, Jäger und Jagdgenossen in ganz Unterfranken. Ziel ist, Lebensräume für Wildtiere in der Agrarlandschaft zu verbessern und zusammen mit den Beteiligten praktikable Lösungen zu finden.
Der Wildlebensraumberater geht auf Landwirte und Jäger zu, um sie über die Umsetzung von wildtierfreundlichen Maßnahmen zu informieren und beraten. Lebensräume für Rebhuhn, Feldhase und Co. sind aufgrund der Flächennutzung oft beschnitten, eingeengt oder teilweise verloren gegangen. Die kritischen Faktoren für das Vorkommen von Wildtieren in der Agrarlandschaft sind heute vor allem Nahrung und sichere Rückzugsorte.Bayerisches Kulturlandschaftsprogramm
Ob Blühflächen am Waldrand oder in der Feldflur, Hecken, Streuobst, Zwischenfruchtanbau oder wertvolle Winterbegrünung in der kargen Jahreszeit - eine Fülle an Maßnahmen stützen und fördern die Artenvielfalt in Bayern. Mit dem Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) steht ein Instrument zur Seite, um hochwertige Lebensräume für unsere Wildtiere in unsere Agrarlandschaft zu integrieren.
Wildlebensraumberater Bastian Dürr vom AELF Karlstadt eröffnete die Runde. Dabei machte er auf die Vielfalt der Kulturlandschaft in Main-Spessart aufmerksam: Die hügelige Geografie und die verschiedenen angebauten Kulturen prägen das Landschaftsbild und sind wichtig für die Biodiversität und Artenvielfalt. Diese zu erhalten, müsse das Ziel aller sein. In Anbetracht verschiedenster Herausforderungen wie Flächenversiegelung, Energiewende und Klimawandel müssen Möglichkeiten gefunden werden, wie Landwirte Flächen so nutzen können, dass ein Mehrwert für Landwirt und Natur entsteht.
Julia Eberl, die Projektmanagerin des BayernNetzNatur-Projektes "Lebensräume auf Kalkstandorten im Landkreis Main-Spessart", stellte das Projektgebiet Schwarze Hecke“beim Windrad an der Ortverbindungsstraße vor. Seit der motormanuellen Entbuschung vor knapp einem Jahr, wird das Gebiet von zwei Weidetierhalten offen gehalten. Christoph Ühlein aus Waldzell beweidet ein großes Teilstück mit seinen Dexter-Rindern, mehrere kleinere Teilstücke werden durch die Landwirtsfamilie Wiesner aus Urspringen mit ihren Mutterschafen der Rasse "Zwartbles" gepflegt. Zur Veranschaulichung hatten diese ein Schaf mit Lamm ausgestellt. Ein Vorteil der Beweidung liegt im selektiven Fressen der Tiere, wodurch eine interessante Struktur für Insekten und Bodenbrüter entsteht. Trittstellen der Tiere schaffen außerdem neue Keimmöglichkeiten für Pflanzen, wie Christiane Brandt, die Gebietsbetreuerin Muschelkalk, erläuterte. Außerdem, so Wildlebensraumberater Bastian Dürr, wurden auf der Fläche in einem Projekt des LPV Rebhühner kartiert. Der Charaktervogel strukturreicher Kulturlandschaften ist auch im Landkreis Main-Spessart von starken Bestandsrückgängen betroffen.
Jürgen Schneemann von der UNB freute sich über das Engagement der Landwirte im Landkreis. In diesem Jahr seien so viele landwirtschaftliche Flächen wie nie im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet worden. Er betonte, dass dies nur aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem AELF Karlstadt möglich war. So schlossen viele Landwirte in diesem Frühjahr Vertragsnaturschutzmaßnahmen unter anderem zum Schutz von Ackerwildkräutern ab. Dies ist wichtig, da die Ackerwildkräuter eine der gefährdetsten Pflanzengruppen in Deutschland darstellen.
Zum Abschluss hob auch Reinhard Wolz, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, das Engagement und die Aufgeschlossenheit vieler Landwirte für den Naturschutz hervor. Doch auch die Bevölkerung müsse stärker an den Themen der lokalen Landwirtschaft beteiligt und ihr Interesse geweckt werden. Die Idee, die Flurbegänge in regelmäßigen Abständen für Bevölkerung und Landwirte anzubieten, stieß daher auf große Zustimmung unter den Teilnehmern.
© Helmut Hussong
Bernhard Schwab, Bereichsleiter Landwirtschaft am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), hob hervor: "Das Interesse am Thema Vielfalt der Kulturlandschaft hat sich sicher durch das Artenvielfalt-Volksbegehren deutlich erhöht." Im Landkreis Main-Spessart gebe es im unterfränkischen Vergleich eine überdurchschnittliche Beteiligung der Landwirte an den Agrarumweltmaßnahmen.
Die nach dem Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) geförderten, fünfjährigen Blühflächen liefern laut Wildlebensraumberater Bastian Dürr vom AELF Karlstadt Nektar und Pollen und bieten Struktur, Deckung, Nahrung und Winterlebensraum für Insekten, Vögel sowie Wildtiere wie Rebhuhn oder Feldhasen. Die in den fünf derzeit zugelassenen Qualitätsblühmischungen enthaltenen Kulturarten, wie beispielsweise Ringelblume, Buchweizen, Sonnenblume oder Öllein, bilden im ersten Standjahr einen Bestand, der ungewollte Unkräuter unterdrückt. Ab dem zweiten Jahr setzen sich nach und nach die in der Mischung enthaltenen Wildpflanzen wie beispielsweise Schafgarbe durch.
"Durch die staatliche finanzielle Aufwandsentschädigung entsteht ein Vorteil für alle: Landwirt, Gesellschaft und Natur",
sagte Bastian Dürr. Dies sei notwendig, da alleine das Saatgut knapp 400 Euro pro Hektar koste.
Abschließend betonte Landrätin Sabine Sitter: Das Zusammentreffen von Landwirtschaft, Landschaftspflegeverband, AELF und Naturschutz bei diesen Flurbegang sei wichtig, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen. Nur wenn die unterschiedlichen Sichtweisen diskutiert würden, könne man eine gute Lösung für Natur, Landwirtschaft und Kulturlandschaft finden.
Außerdem wurden mehrere mehrjährige Blühstreifen und Kübel mit Saatgut angesät. Diese bieten im Frühjahr und Sommer einen herrlichen Anblick für Besucher und daneben reichlich Nektar und Pollen. Sogar für ein extra aufgestelltes Bienenvolk war noch genug Nahrung vorhanden. Wichtig ist jedoch, dass der "Überlebensraum" auch über den Winter hinweg stehen bleibt. Er ist zwar keine Augenweide mehr, bietet jedoch genau dann für Insekten die richtige Struktur zum Überwintern. Das können zum Beispiel Gräser oder hohle Stängel sein.
Auch anderen Tierarten wurde geholfen: Für die sporadisch im Amtsgarten vorkommenden Mauereidechsen wurde in einer Gemeinschaftsaktion von den Mitarbeitern des Amtes ein Steinlesehaufen angelegt. Dieser wird gut angenommen und in diesem Sommer konnten schon circa 20 Exemplare der seltenen Art beim Sonnenbad beobachtet werden.
Daneben wurden auch Fledermauskästen sowie Nistkästen befestigt und Futter- und Wasserschalen für Singvögel aufgestellt. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Kurz nach dem Aufhängen wurden die Nistkästen von Kohlmeise, Blaumeise und Star angenommen. Seitdem ist einiges los - über Amsel und Distelfink bis hin zu Bluthänfling sind über 15 Vogelarten regelmäßig im Garten anzutreffen.
Da die Tage jetzt kürzer werden und die Nahrung knapper wird, sind bald noch mehr Vögel im Garten zu erwarten.
Wer also in der Ringstraße 51 in Karlstadt vorbeikommt, kann sich gerne ein Bild davon machen.
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